Grönwohlder schwamm nach Afrika

BildWasserballer Stefan Runge durchquerte die Straße von Gibraltar in knapp vier Stunden

Grönwohld. „Swim, Swim, Swim“, dachte sich Stefan Runge immer wieder, als er sich durch das Mittelmeer und den atlantischen Ozean arbeitete. Das nicht sehr tiefgründige, aber wirkungsvolle Motto hatte ihm der spanische Organisator seiner Unternehmung mit auf die Strecke gegeben.

Als Runge vor drei Jahren mit dem Rad durch Spanien fuhr, machte er einen Abstecher nach Tarifa, der südlichsten Stadt Europas. Von dort aus sind es an der engsten Stelle 14 Kilometer bis nach Marokko - getrennt durch die Straße von Gibraltar, die ihrerseits das Mittelmeer und den Atlantik verbindet. „Sofort kam in mir die Idee auf, von Kontinent zu Kontinent zu schwimmen“, sagt der 44-jährige Grönwohlder. Seine Nachforschungen ergaben, dass es tatsächlich möglich ist, sich über eine offizielle Organisation für das Vorhaben anzumelden und von den Mitarbeitern während des Schwimmens mit zwei Booten begleiten zu lassen. „Mitten durch das Meer zu schwimmen, der Strömung, den Wellen und dem Wind zu trotzen, das erschien mir als eine völlig neue Herausforderung“, sagt er.

Der in Hamburg berufstätige Steuerberater spielt seit 30 Jahren Wasserball, davon mittlerweile zehn Jahre im Ahrensburger TSV. 2002 nahm er erstmals an einem Freiluftschwimmwettbewerb teil, wurde in der Müritz prompt Sieger seiner Altersklasse über zwei Kilometer. Im vergangenen Jahr absolvierte er seinen ersten Triathlon über die Mitteldistanz. So eine lange Strecke war er aber noch nie geschwommen. Regelmäßig trainierte er im Großensee. Morgens umrundete er die Insel oder schwamm abends mit Freunden bis zu neun Kilometer und dachte dabei an Salzwasser, Wellen und Frachtschiffe.

Gleich nachdem sich Runge um 8 Uhr morgens in Tarifa beim Sprung in das Wasser erschreckt hatte - die Temperatur betrug unerwartet kalte 15 Grad - musste er sein schnellstes Tempo anschlagen. Die zu schwimmende Strecke ist mindestens 16,5 Kilometer lang. „Lässt man sich aber anfangs von dem von Osten hereinströmenden Wasser des Atlantiks abtreiben, beträgt sie bis zu 22 Kilometer“, so Runge.

„Swim, Swim, Swim“, dachte er sich, während er beim Atmen nach links den Sonnenaufgang, beim Atmen nach rechts seine Frau Kathrin im Begleitboot, sich beim Blick voraus der Küste aber nicht näher kommen sah. „Gefühlt auf der Stelle zu schwimmen, war nicht gerade motivierend“, sagt er. Geboren und aufgewachsen ist Runge in Bremen. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Hannover, wo er seine heutige Ehefrau kennenlernte, zog er mit ihr nach Ahrensburg und vor acht Jahren nach Grönwohld. Er ist heimisch geworden in den Stormarner Gefilden. Seine Freizeit widmet er nahezu komplett dem Sport. Sich möglichst jeden Tag zu bewegen sei ihm ein körperliches Bedürfnis.

„Alle Gedanken, die mich vom Schwimmen hätten ablenken können, musste ich verdrängen“, sagt Runge. Einmal freute er sich über neben ihm auftauchende Delfine. An die in den dortigen Gewässern lebenden Haie wollte er lieber nicht denken und auch nicht daran, dass auf dieser Strecke jedes Jahr über 300 Flüchtlinge ihr Leben lassen. Als er sich schließlich fast am Ziel sah, wurden die letzten beiden Kilometer die härtesten. Es kam Wind auf und er hatte gegen eine starke Strömung zu kämpfen. Wegen aufziehenden Nebels hätte er seinen Versuch sogar beinahe abbrechen müssen. Als er nach 3:57 Stunden das Ziel in Marokko erreichte, war die spanische Seite bereits komplett im Nebel verschwunden. „Dann hätte ich wohl oder übel im nächsten Jahr wiederkommen müssen“, sagt er.

Ein nächstes derartig aufwändiges Projekt hat Stefan Runge nicht geplant. Durch das Süßwasser des Großensees wird er aber weiterhin regelmäßig schwimmen. Dann wird er weder Wellen, noch Frachtschiffe um sich herum, aber noch manchmal drei Worte im Ohr haben: „Swim, swim, swim.“

Quelle: Hamburger Abendblatt vom 14.09.2012

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