Der jüngste Schwarzgurtträger im Land

Flynn-C. Ide setzt zum Kick an. Der 15-Jährige begann in Reinfeld m. Karate, wechselte später zum ATSV. Foto Henrik BagdassarianDer 15 Jahre alte Flynn-Christian Ide vom Ahrensburger TSV erwarb vor den Augen des Bundestrainers die höchste Karate-Auszeichnung. Eine Karriere als Profisportler ist möglich – aber kein Muss.

Von Arne Bachmann

Ahrensburg. Flynn-Christian Ide musste lange vor der Tür warten. Ohne zu wissen, wann er an der Reihe sein würde, wärmte er seine Muskulatur immer wieder auf, blieb in Bewegung, hielt sich bereit. Nach endlos erscheinenden zwei Stunden wurde der 15 Jahre alte Reinfelder endlich hereingerufen, um vor dem Karate-Bundestrainer Efthimios Karamitsos seine Schwarzgurt-Prüfung abzulegen. „Ich war extrem aufgeregt“, erinnert sich Flynn-Christian an seinen großen Moment in Bremen. „Hinterher wusste ich nicht, ob es gereicht hat.“

Es hat gereicht. Seitdem ist Flynn-Christian der jüngste Schleswig-Holsteiner, der den schwarzen Gurt tragen darf. Sein Vater und Trainer Ralf Ide war bei der Prüfung dabei und hatte anders als sein Sohn keine Zweifel, dass dessen explosive Fauststöße, die harten Blocks und die dynamischen Kicks beim Vorführen der verschiedenen Techniken überzeugt hatten. „Außer ihm waren zwölf Erwachsene bei der Prüfung. Die hat er alle in die Tasche gesteckt“, sagt Vater Ide.

Nachdem er als Siebenjähriger von Mitschülern verprügelt wurde, trat Flynn-Christian dem Kinder-Karate-Verein in Reinfeld bei. Um sich besser verteidigen zu können. Ein „Haudrauf-Sport“ ist Karate nicht, wie er betont. „Der Umgang ist sehr respektvoll. Im Vordergrund stehen die Techniken“, sagt er. Ärger mit Mitschülern hatte er seither nie mehr, auch weil ihn der Sport nicht nur physisch weiterbrachte. „Ich bin durch Karate viel selbstbewusster geworden.“

Nach drei Jahren Karate in Reinfeld, wo Flynn-Christian noch heute mit seinem Vater und seinen zwei Schwestern wohnt, wechselte er zum Ahrensburger TSV. Mittlerweile trainiert er täglich. Zweimal die Woche zwei bis drei Stunden bei den Übungseinheiten im Verein, an den restlichen Tagen 60 Minuten auf der heimischen Terrasse. Bei Sonne und Wind, Regen und Schnee. Wenn es nicht anders geht, auch am späten Abend. Mit Jiu-Jitsu hat er inzwischen ebenfalls angefangen, will auch dort seinen Dan machen, heißt: Eine Prüfung ablegen.

Als Lohn für den enormen Aufwand, den der Realschüler für den Sport betreibt, ziert jetzt der schwarze Gürtel seinen weißen Karateanzug. Doch seine Gelenkigkeit, seine einwandfreie Technik in den Bewegungen und nicht zuletzt sein Wille könnten in den nächsten Jahren noch mehr möglich machen. „Ich traue ihm den Landesmeistertitel zu“, sagt Ralf Ide. Um Pokale geht es im Karate bei Turnieren, wo man sich Mann gegen Mann duelliert. Solche Kämpfe hat Flynn-Christian allerdings zuletzt vor fünf Jahren ausgetragen.

Berufswunsch: Profi. Oder Polizist

Im ATSV mangelt es zudem an Gleichaltrigen, mit denen er trainieren könnte. Das Talent, mit dem Sport auch sein Geld zu verdienen, hat der Reinfelder. Aber um dafür die nächsten Grundlagen zu schaffen, müsste er zeitnah in einen anderen Verein wechseln, nach Hamburg oder Neumünster. „Ich könnte mir vorstellen, Profi zu werden“, sagt Flynn-Christian. Darauf versteifen will er sich aber nicht. Sein anderer Berufswunsch: Polizist.
Karate – der Kampf mit der leeren Hand

Auch wenn sich der Fan des Rappers Eminem nicht gerade der asiatischen Kampfkunst widmet, dreht sich in seinem Leben alles um Sport. Zweimal die Woche spielt er Volleyball, als weitere Hobbys nennt er „Trampolin, Skaten – Sport halt“. Da ist es keine Kunst, sein Lieblingsschulfach zu erraten. Aber auch Englisch liegt ihm.

Solange er Karate weiter im Ahrensburger TSV betreibt, ist er meistens der einzige Jugendliche in den verschiedenen Gruppen. Neben ihm blocken und kicken manchmal sogar 70-Jährige. Karate ist auch im hohen Alter noch praktizierbar. Ob Flynn-Christian in einigen Jahren Berufssportler ist, Polizist oder etwas ganz anderes – eines steht für ihn fest: „Ein Leben ohne Karate ist für mich nicht mehr vorstellbar.“

Quelle: Hamburger Abendblatt, Regionalausgabe Stormarn vom 09.11.2013

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